Stuttgarter Zeitung, Germany
Juli 2015

Arnold Schönbergs 1913 uraufgeführte Gurre-Lieder sind eines der opulentesten Werke der Musikgeschichte, Vor dem Schritt zu Atonalität und Dodekafonie reizt Schönberg in dieser Kantateharmonisch und in der Klanggestaltung noch einmal alle Möglichkeiten aus. Auch der Dirigent dieser Neuaufnahme hat sich in dieser Hinsicht nicht lumpen lassen. Bei den Aufführiungen , die dieser Einspielung zugrunde liegen, ließ Markus Stenz tunf 450 Mitwirkende antreten.

Diese klangliche Opulenz prägt vielfach den Charakter der CD. Das Gürzenich Orchester Köln langt kraftvoll zu, vor allem in den rein instrumentalen Passagen des dritten Teils in der Tradition der düsteren Romantik. In solchen dramatisch zugepitzten Momenten zeigen sich die Qualitäten des Dirigenten, der ein Händchen für die Formung der Klangmassen hat. Anderes gerät ihm zu spröde, etwa die lyrischen Passagen des ersten Teils, in dem die Liebe von Waldemar und Tove thematisiert wird. Ein Glücksfall ist die Besetzung der weiblichen Hauptrolle: Barbara Haveman ist derzeit eine der führenden Interpretinnen, wenn es um zeitgenössische Musik geht. Mit ihrem flexiblen, durch alle Extremlagen gleichmäßig geführten Sopran und dem aparten Timbre ist sie der Fixstern dieser Einspielung. Brandon Jovanovich hält mit metallisch gefärbtem Tenor dagegen und bedient insbesondere die emotionale Bandbreite dieser Partitur mustergültig. Die übrigen Sänger agieren solide, machen aber deutlich, dass dieses ambitionierte Projekt nicht durchgängig mit den Referenzaufnahmen von Rattle oder Chailly mithalten kann.

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