Remy Franck
Pizzicato, Luxembourg
Februar 2015

Als ich die Liszt-Sonate als junges Mädchen zum ersten Mal hörte, fand ich sie furchtbar und konnte nicht verstehen, wie man sie freiwillig spielen könne. Sie erschien mir in erster Linie als ein Medium, das Gelegenheit dazu gab, auf das Klavier zu hauen, um dann ziellos dahin zu dümpeln. Nicht lange danach hat sie das Werk dennoch gespielt und jetzt hat sie es sogar freiwillig aufgenommen. Mit ihren ganz eigenen Lösungen.

Im Textheft erklärt die Pianistin Liszt und sie tut es, wie es kürzlich Josef Bulva in einem Gespräch mit mir auch tat: unter Berufung auf die Walker-Biographie und die darin ausgiebig behandelte Großmütigkeit von Franz Liszt: « Während seines langen Lebens hatte Liszt an die 400 Schüler, von denen er für Stunden oder Meisterklassen nie Geld verlangte; andere Komponisten – insbesondere Wagner, aber auch Berlioz, Schumann, Chopin und Grieg – verdankten ihm einiges; seinem Publikum widmete er sich geradezu aufopferungsvoll (…); und schließlich engagierte er sich für zahlreiche wohltätige und humanitäre Zwecke (…) Die beste Seite Liszts zeichnet sich durch ungeheuren Edelmut und besondere Ausdruckstiefe aus. » Und danach sucht Angela Hewitt in ihrer Interpretation der Sonate. Sehr persönlich, sehr überzeugt, sehr souverän und daher letzten Endes auch sehr überzeugend.

Nirgends, weder in der Sonate noch in den magistral gespielten Sonetten oder in der Dante-Sonate fehlt es an Dramatik und Virtuosität, aber die Gesamtarchitektur, die Hewitt immer im Auge hat, beinhaltet auch das Reflektive, das Intime, und sie legt alles mit äußerster Klarheit dar, mit jener Souveränität, die aus einer langen Beschäftigung mit der Musik erwächst und es Hewitt erlaubt, zu ihrem Kern vorzudringen.