Der
Moderato con molto moto für Bläsersextett (eine Baßklarinette wird der üblichen Anzahl des Bläserquintetts hinzugefügt) ist einer von zwei noch vorhandenen Sätzen eines scheinbar unvollendeten Bläsersextetts, das zwischen Mai und August 1930 komponiert wurde. Der erste Satz war während Brittens letztem Semester an der Gresham’s School, Holt in Norfolk geschrieben, und der zweite (datiert mit 7. August) war über einen Monat bevor er seine Studien mit John Ireland (Komposition) und Arthur Benjamin (Klavier) am Royal College of Music begann, vollendet worden. Das Sextett ist in Brittens gesamtem musikalischen Schaffen insofern ungewöhnlich, als es eines der wenigen Beispiele seiner Komposition von Konzertmusik für Bläser darstellt. (Das einzige andere wesentliche Beispiel ist
Russian Funeral [„Russisches Begräbnis“], 1936, für Blech- und Schlaginstrumente.)
Es bleibt unklar, was die Phantasie des sechzehnjährigen Komponisten entzündet haben mag, den Versuch einer solchen Arbeit zu wagen: vielleicht war es einfach nur der Aspekt, daß ein Bläsersextett etwas vollkommen Neues für ihn war. Dennoch ist es möglich, daß Janáceks Mládí („Jugend“) mit einer Partitur für die gleichen Instrumente ihm als Vorlage gedient haben mag. Es war erstmals 1926 in England zu hören, und Britten, ein gieriger Leser von Partituren und begeisterter Radiohörer, mag sehr wohl über dieses Stück gestolpert sein. Sowohl die programmatische Form als auch der individuelle Klang mögen seine Aufmerksamkeit erregt haben. Jedoch ist die musikalische Sprache von Brittens Sextett eher dem Einfluß Schönbergs und seiner Schule zu verdanken, die einen starken Einfluß auf die alles aufnehmenden Ohren des jungen Britten hatten.
aus dem Begleittext von Philip Reed © 1996
Deutsch: Ute Mansfeldt