Guy Wagner
Pizzicato, Luxembourg
Dezember 2007

Es fehlt wahrlich nicht an Aufnahmen des wunderschönen Brahms'schen Frühalterswerks für Klarinette und Streichquartett: Er hatte 58 Jahre, als er es schrieb. Dies ist aber eine überaus interessante Neueinspielung, schon wegen der herausragenden Klarinettistin, Lesley Schatzberger, die eine ungemein sensible und warmfühlige Interpretin ist. Sie ist aber noch mehr: eine Forscherin, die immer auch auf der Suche nach alten Instrumenten ist. So hat sie 1993 eine Replika der Ottensteiner-Klarinette herstellen lassen, die von Richard Mühlfeld Ende des 19. Jahrhunderts gespielt wurde. Nun aber war Mühlfeld der Freund von Brahms und hat eben gerade dieses Quintett inspiriert. So kommen wir hier dem Klange nah, so wie das Werk bei seiner Entstehung vernommen wurde, und das ist nun doch schon sehr ergreifend.

Mit dem herausragenden ‘Fitzwilliam Quartet' verbindet die Solistin eine reelle Partnerschaft, und die vier Musiker spielen mit gleicher Wärme und Intensität wie die Klarinettistin: Ein wundervoll homogenes, warmherziges Spiel, auch für die übrigen werke. Da hat man versucht, neue Wege zu gehen. Demnach wird nicht das Klarinettenquintett KV 581, sondern der Quintettsatz KV 516c, auf einer Bassettklarinette gespielt. Es erklingt auch die weithin un bekannte Rêverie orientale von Glazunow, sowie Der junge Morgen (Übersetzung des Titels), eine Naturbetrachtung des 1950 geborenen William Sweeney, in der die Bassettklarinette die Grundlage für einen beachtlichen ‘Klangteppich' bildet.

Dass es nicht zum ‘Supersonic' reichte, daran ist die Aufnahmetechnik schuld. Man wollte zuviel Präsenz für diese SACD: die Mikrophone stehen zu nahe, und man hört jedes Atmen und jedes Schniefen besonders, wenn man sich die Platte mit Kopfhörern anhört. Manchmal ist eben das Besserwollen der Feind des einfach Guten.